Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung des Dünndarms, bei der die Einhaltung einer lebenslangen strikten glutenfreien Ernährung nötig ist. In diesem Artikel erfährst du, wie sich Zöliakie äußern kann, Wissenswertes zur Diagnosestellung und welchen Stellenwert die Ernährungstherapie für Betroffene hat – inklusive praktischer Tipps für den Alltag und Rezept zum Nachkochen für dich!
Der Darm ist das größte Organ des menschlichen Körpers und erbringt tagtäglich Höchstleistungen. Über die Darmschleimhaut nimmt der Körper lebenswichtige Nährstoffe wie Fette, Proteine, Kohlenhydrate oder Vitamine in den Körper auf. Doch was, wenn die Funktion dieses wichtigen Organs beeinträchtigt ist?
Schätzungen zufolge leidet etwa 1% der Bevölkerung in Europa an der chronischen Erkrankung Zöliakie, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Nicht selten vergehen Jahre bis es zu einer gesicherten Diagnose kommt. Eine Heilung der Erkrankung ist nicht möglich, Betroffene erlangen unter konsequenter Einhaltung der ernährungstherapeutischen Maßnahmen jedoch vollständige Beschwerdefreiheit.
Rezept-Tipp für dich
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Zöliakie – Was ist das?
Zöliakie (oder glutensensitive Enteropathie, früher auch einheimische Sprue) ist eine Autoimmunerkrankung des Dünndarms, welche sich durch Entzündung und Schädigung der Darmschleimhaut äußert. Histologisch ist eine sogenannte Zottenatrophie (Rückgang der Darmzotten) feststellbar, welche die Funktion des Dünndarms deutlich beeinträchtigt. Unzureichende Nährstoffaufnahme aus dem Darm sowie daraus resultierende Mangelernährung sind die Folgen.
Du kannst dir das so vorstellen: Beim gesunden Menschen ist die Oberfläche der Dünndarmschleimhaut durch zahlreiche Vorwölbungen (Zotten) stark vergrößert. Dadurch können möglichst viele Nahrungsbestandteile aus dem Speisebrei im Darm ins Blut resorbiert werden. Bei Entzündung der Darmschleimhaut flachen diese Zotten zunehmend ab (Zottenatrophie), die Aufnahme von Nährstoffen wird dadurch stark beeinträchtigt und es kommt früher oder später zu Mängeln an unterschiedlichen Nährstoffen wie beispielsweise Eisen, Calcium, Folsäure oder Eiweiß.
Auslöser für das Entzündungsgeschehen an der Darmschleimhaut ist Gluten, ein Eiweißstoff der in bestimmen Getreidesorten enthalten ist.
Folgende Getreidesorten sind glutenhältig und müssen bei Vorliegen einer Zöliakie vermieden werden: Weizen, Roggen, Gerste und Hafer (hier gibt es eine Besonderheit, die später noch erklärt wird) sowie deren Abstammungen und Kreuzungen wie Triticale, Dinkel, Grünkern, Kamut (Khorasan-Weizen), Emmer und Einkorn.
Die genauen Ursachen für die Entstehung von Zöliakie sind nicht geklärt, diskutiert werden in der Wissenschaft unter anderem genetische und Umweltfaktoren sowie andere den Körper belastende Situationen wie beispielsweise schwere Infekte oder auch Schwangerschaft. Als gesichert gilt mittlerweile, dass ein frühes Einführen von glutenhaltiger Beikost bei Säuglingen (Empfehlung zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat) keinen auslösenden Faktor darstellt.
Gibt es typische Anzeichen?
Die Symptome einer Zöliakie-Erkrankung können sich sehr vielseitig zeigen und je nach Alter des/der Betroffenen und Dauer der Erkrankung auch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Folgende Symptome können auf eine Zöliakie hindeuten:
- Unspezifisches Krankheitsgefühl
- Stuhlunregelmäßigkeiten, Blähungen, Bauchschmerzen
- Durchfall, abnorme, massige, schaumige und auch fettig glänzende Stühle
- Appetitlosigkeit, Erbrechen
- Eisenmangelanämie (Blässe, Müdigkeit)
- Folsäuremangel (Fehlgeburten)
- Calciummangel (Osteoporose)
- Juckender Hautausschlag (Dermatitis herpetiformis Duhring)
- Gelenks- oder Muskelschmerzen
- Schlechtes Gedeihen, Wachstumsstörungen, Gewichtsverlust
- Depression, Weinerlichkeit, Übellaunigkeit
Du siehst also – die Symptome müssen nicht unbedingt besonders eindeutig ausfallen! Dadurch ist es nicht immer naheliegend, überhaupt an eine Zöliakie zu denken.
Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten. Bei Kindern manifestiert sich die Krankheit häufig zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr. Gedeihstörungen, Misslaunigkeit bis hin zu Verhaltensstörungen, abnorme Stühle, gelegentliches Erbrechen oder Anämien sind hier die Leitsymptome. Je später der Erstkontakt mit Gluten erfolgt, desto später wird auch die Diagnose gestellt. Im Erwachsenenalter erfolgt die Diagnose Zöliakie gehäuft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, die Symptome können – wie oben beschrieben – sehr vielfältig und gleichermaßen unspezifisch ausgeprägt sein.
Häufig tritt die Erkrankung auch als asymptomatische Form mit wenig bis keinen Beschwerden auf. Zöliakie wird deshalb oft auch zufällig diagnostiziert.
Diagnose & Therapie
Bei Verdacht auf Zöliakie wird meist zuerst eine Blutuntersuchung durchgeführt, um spezifische Antikörper im Blut nachzuweisen. Eine exakte endgültige Diagnose verlangt immer nach einer serologischen Bestimmung der zöliakiespezifischen IgA-Antikörper im Blut (tTGA, EMA, Gesamt-IgA) UND einer Magenspiegelung mit Dünndarmbiopsie aus verschiedenen Darmabschnitten (mehrere Gewebeproben aus dem Dünndarm).
Es ist also wirklich besonders wichtig zu beachten: Die Diagnose Zöliakie darf niemals nur aufgrund eines positiven Antikörper-Befundes gestellt werden!
Achtung: Absolut ungeeignet für eine sichere Diagnose sind folgende Testmethoden:
- IgG4-vermittelte Lebensmittelunverträglichkeitstests
- Antikörper-Schnelltests (zB. aus der Apotheke, aus dem Internet)
- Antikörperbestimmung im Speichel oder Stuhl
Wichtig: Keine glutenfreie Diät vor gesicherter Diagnose!
Liegt die Diagnose Zöliakie nun schwarz auf weiß auf der Hand, muss umgehend mit einer adäquaten Ernährungstherapie gestartet werden. Das bedeutet: glutenfreie Ernährung ein Leben lang!
Besonders wichtig zu beachten ist: Bitte starte NICHT mit der glutenfreien Kost, wenn nur der Verdacht einer Zöliakie vorliegt, die Diagnose aber noch nicht abgesichert ist! Du gefährdest dadurch ein eindeutiges Ergebnis – daher ist unbedingt zu beachten, dass mit den ernährungstherapeutischen Maßnahmen, sprich einer glutenfreien Diät, immer erst NACH der Diagnosestellung gestartet wird.
Ernährungstherapie ein Leben lang!
Die gute Nachricht ist: Unter konsequenter Einhaltung einer glutenfreien Ernährungsweise erholt sich die geschädigte Darmschleimhaut vollständig und es können wieder alle Nährstoffe aufgenommen werden. Das kann sogar sehr schnell gehen – meist verschwinden die Symptome innerhalb von 2 bis 4 Wochen. Bis die Dünndarmschleimhaut auch histologisch wieder vollkommen intakt ist, kann es jedoch rund 1 bis 2 Jahre dauern. Hier ist das Alter bei Beginn der Therapie ausschlaggebend. Bei Kindern erholt sich die Schleimhaut im Regelfall noch schneller als bei Erwachsenen.
Welche Lebensmittel enthalten Gluten?
Folgende Getreidearten, deren Abstammungen und Kreuzungen sowie daraus hergestellte Produkte enthalten – wie bereits erwähnt – das Klebereiweiß Gluten und müssen bei Zöliakie unbedingt konsequent in der Ernährung vermieden werden:
- Weizen (Dinkel, Grünkern, Einkorn, Emmer & Kamut = Khoransan-Weizen)
- Roggen (Waldstaudenroggen oder Waldstaudenkorn, Tritticale)
- Gerste (Graupen, Rollgerste)
Eine Besonderheit stellt der Hafer dar. Hafer zählt grundsätzlich nicht zu den glutenhältigen Getreidesorten, ist jedoch aufgrund seiner Verarbeitung (am Feld, in der Mühle, etc.) häufig stark kontaminiert und soll daher ebenso strikt vermieden werden. Unkontaminierter Hafer ist glutenfrei und wird gut vertagen. Es muss jedoch unbedingt darauf geachtet werden, unkontaminierte, mit dem internationalen Glutenfrei-Symbol gekennzeichnete Haferprodukte zu verwenden. Wenn ein Produkt unter dem Grenzwert für glutenfreie Produkte liegt (dieser ist max. 20mg Gluten/pro kg Endprodukt), dann ist eine Lizensierung mit dem internationalen Gütesiegel für glutenfreie Produkte möglich.
Weiters ist Gluten in allen Produkten enthalten, welche aus oben genannten Getreidearten hergestellt werden. Dazu zählen unter anderem Mehl, Grieß, Flocken, Kleie, Müsli, Weizenstärke, Zartweizen, Couscous, Bulgur, Brot, Gebäck, Brösel, Panaden, Teigwaren, Gnocchi, Knödel, herkömmliche Haferprodukte, Seitan, Backwaren aller Art wie Kuchen, Kekse, Waffeln, Cracker, Grissini und vieles mehr. Auch Lebensmittel mit Malz sind glutenhältig, dazu zählen etwa Malzbonbons, Malzkaffee, Kakaogetränke mit Malz, Cornflakes und andere Frühstückscerealien oder herkömmliches Bier.
Da glutenhältige Zutaten auch häufig Einsatz in der Lebensmittelindustrie finden, solltest du immer einen Blick auf die Zutatenliste auf Lebensmittelverpackungen werfen. Besondere Vorsicht ist geboten bei bestimmten Fleischerzeugnissen (zB. Augsburger, Blutwurst, Leberknödel, etc.), Milchprodukten mit Getreidezusätzen (zB. Müslijoghurts), Halbfertig- und Fertigprodukten wie Tiefkühlprodukte, Salatdressings, Grill- und Gewürzsaucen, Sojasauce oder Süßigkeiten. Steht auf einer Verpackung in der Zutatenliste nur „Stärke“ oder „modifizierte Stärke”, so muss diese eine glutenfreie Stärke sein. Hingegen deuten die Begriffe „Weizenstärke” oder „modifizierte Weizenstärke” auf ein glutenhältiges Produkt hin.
Glutenfrei durch den Alltag
Es gibt glücklicherweise zahlreiche Nahrungsmittel, die von Natur aus glutenfrei sind und ohne Probleme bei Zöliakie gegessen werden können. Dazu gehören unter anderem:
- Gemüse, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Kastanien, Hülsenfrüchte, Kräuter, Obst
- Mais, Reis, Wildreis, Hirse, Buchweizen, Quinoa, Amaranth
- Milchprodukte (zB. Milch, Joghurt, Käse)
- Nüsse, Samen und Kerne (zB. Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Sesam)
- Lupinen, Tofu, Öle, Fette
- Fleisch, Fisch, Eier
- Zucker, Honig, Marmelade, Sirupe, Trockenfrüchte, reine Gewürze
- Fruchtsäfte, Limonaden, Wasser, Tee, Kaffee
- Alkohol: Wein, Sekt
Alternativen zu klassischen Getreidesorten sind die bereits oben erwähnten glutenfreien Getreide- und Pseudogetreidesorten wie Mais, Reis, Wildreis, Hirse, Teff, Buchweizen, Amaranth oder Quinoa. Auch Vertreter anderer Lebensmittelgruppen stehen als Mehlersatz zur Verfügung: Mehle aus Hülsenfrüchten wie Sojabohnen, Linsen und Kichererbsen, aber auch Mehle aus Kastanien, Buchweizen, Kokos oder auch aus Bananen finden in der glutenfreien Küche Anwendung.
Nicht umsonst wird Gluten auch Klebereiweiß genannt. Es verleiht vielen Getreidesorten ihre guten Backeigenschaften, verbessert als „Kleber“ die Elastizität des Teiges, sorgt für eine höhere Wasserbindungsfähigkeit und somit für flaumige, saftige Gebäckstücke sowie eine gute Krustenbildung. Um auch in glutenfreien Teigen eine gute Bindung zu bekommen, eignen sich als Bindemittel besonders Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl, Agar-Agar oder Flohsamenschalen.
Natürlich kannst du auch auf glutenfrei produzierte Spezialprodukte zurückgreifen wie Mehle, Brote, Gebäck, Teigwaren, Pizzen, Müsli, Backwaren und ähnliches. Diese speziell hergestellten Produkte erhältst du mittlerweile in vielen Supermärkten, Bio-Märkten, Drogerien, Reformhäusern oder einfach online über Direktbestellung. Wichtig ist, dass du immer auf das Glutenfrei-Symbol achtest!
Manche Betroffene haben – besonders zu Beginn der Ernährungsumstellung – auch Probleme mit der Verträglichkeit von Laktose (Milchzucker) und Fruktose (Fruchtzucker). Diese sogenannte sekundäre Laktose- bzw. Fruktosemalabsorption tritt meist nur vorübergehend auf und ist der fortgeschrittenen Schädigung der Darmschleimhaut geschuldet. Sobald sich der Dünndarm wieder regeneriert hat, können Laktose und/oder Fruktose gegebenenfalls wieder ausreichend verstoffwechselt werden. Bei Beschwerden oder weiteren Unverträglichkeitsreaktionen hilft dir deine Diätologin/dein Diätologe gerne weiter.
Hygiene in der Küche hat oberstes Gebot!
Eines vorweg – getrennte Küchenbereiche sind nicht nötig, wenn sich eine Person mit Zöliakie im Haushalt befindet, aber eine sorgfältige Reinigung von Koch- und Küchenutensilien sowie eine sorgfältige, übersichtliche Aufbewahrung von glutenfreien und glutenhältigen Lebensmittel sind eine wichtige Voraussetzung. Du kannst dieselben Pfannen und Töpfe verwenden, brate aber zB. vorher das glutenfreie Fleisch an und erst danach das bemehlte. Oder koche zuerst die glutenfreien Nudeln im Wasser, danach die glutenhältigen. Einzig Getreidemühlen im Haushalt sollten nur für glutenfreie Getreidesorten verwendet werden, da hier die Kontamination extrem hoch ist.
Im Restaurant solltest du bekanntgeben, dass du unter Zöliakie leidest und gegebenenfalls die Speisen mit der Küche absprechen.
Was du sonst noch wissen solltest
Wurde die Erkrankung Zöliakie bei dir diagnostiziert und hast du deine Ernährung bereits erfolgreich auf glutenfrei umgestellt, gibt es noch eine Sache, an die du denken solltest. Einmal pro Jahr ist es nötig, die zöliakie-spezifischen Antikörper im Blut bestimmen zu lassen. Bei korrekter und konsequenter Durchführung der glutenfreien Ernährung sind diese negativ.
Wichtig: Dieser Artikel ersetzt keine ärztliche Diagnose oder ernährungsmedizinische Beratung! Wenn du den Verdacht hast, du könntest an Zöliakie leiden, wende dich bitte an einen Arzt/eine Ärztin oder an einen Diätologen/eine Diätologin.
Weitere Informationen rund um das Thema Zöliakie erhältst du bei deiner Diätologin/deinem Diätologen oder bei der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie (www.zoeliakie.or.at).